Sehr geehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege!

Wir freuen uns, Ihnen unseren zweiten Newsletter Test&Treat News zusenden zu dürfen.
Er soll Ihnen einen Überblick über die Diagnostik von Pilzinfektionen vermitteln und insbesondere die neue PCR Diagnostik und ihre Vorteile und Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen erläutern.

 

Pilzinfektionen: die PCR erobert die Pilzdiagnostik

 

Was sind Pilze eigentlich?

Pilze sind weder Pflanzen (da keine Photosynthese!) noch Tiere, sondern werden als eigene Gruppe eukaryotischer Lebewesen (Zellen mit Zellkernen und Zellstrukturen) bezeichnet.
Humanpathogene Pilze werden in die Gruppen der Dermatophyten, Hefepilze, Schimmelpilze (DHS-System) und dimorphe Pilze unterteilt und sind weltweit verbreitet.

Von den etwa 40 Dermatophytenarten sind etwa 15 humanpathogen.
Die Systematik der Dermatophyten wurde vereinfacht und ist derzeit in 4 Gruppen gegliedert:
1. Trichophyton (T)
2. Microsporum (M)
3. Nannizzia (N)
4. Epidermophyton (E)

Die Taxonomie einiger Dermatophyten wurde seit der Erstbeschreibung aufgrund neuer molekularbiologischer Erkenntnisse geändert. Beispiele dafür sind:
Arthroderma benhamiae wurde in Trichophyton benhamiae umbenannt und der Trichophyton mentagrophytes-Komplex unterteilt in:
T. mentagrophytes: zoophiler Dermatophyt, verursacht stark inflammatorische Infektionen
T. interdigitale: anthropophiler Dermatophyt, verursacht Tinea ungium et pedis

Pilzdiagnostik mittels PCR

Wie in vielen anderen Bereichen setzt sich auch in der Mykologie die PCR (polymerase chain reaction) als diagnostische Alternative zur Kultur durch. Es werden bereits verschiedene Techniken des molekularbiologischen Nachweises angeboten, wie etwa die einfache PCR, die real-time PCR (RT-PCR) oder die multiplex RT- PCR. Dieses diagnostische Verfahren kann in einer einzigen Probe mehrere Pilzarten erfassen, vorausgesetzt, sie wird exakt und mit der nötigen Vorsicht durchgeführt.
Aus den wie üblich abgenommenen klinischen Proben wird mittels Spezialverfahren die DNA extrahiert, und in weiterer Folge werden bestimmte - für die einzelnen Pilzarten spezifische - DNA-Abschnitte mittels Primer amplifiziert. Es können hierfür “pan-fungi“-Primer eingesetzt werden, welche sämtliche Pilzarten erfassen können, oder „pan-dermatophyte“ Primer für den Nachweis vorwiegend von Dermatophyten. Die Detektion der amplifizierten DNA-Sequenzen kann durch Gelelektrophorese oder ELISA erfolgen.

In den Pilzambulatorien wird derzeit die multiplex RT-PCR für den molekularbiologischen Nachweis von Dermatophyten und Candida albicans bei Pilzinfektionen der Haut und Hautanhangsgebilde durchgeführt.
Im Vergleich zur Kultur ermöglicht diese PCR-Technik einen wesentlich rascheren Pilznachweis im Patientenmaterial mit hoher Sensitivität und Spezifität und einer Trefferquote von bis zu 100%. Der Nachweis einer Pilzinfektion wird im Vergleich zur Kultur von 4 Wochen auf wenige Tage reduziert.

Welche Vorteile hat die PCR für die Diagnose einer Pilzinfektion?

  1. Rasche Befunderstellung. Das Befundergebnis einer Dermatophyteninfektion kann innerhalb weniger Tage übermittelt werden. Im Vergleich dazu dauern Kulturverfahren bis zu 4 Wochen, je nach Wachstumsgeschwindigkeit der Pilzspezies.
  2. Kein zeitlicher Abstand ist zu einer bereits eingeleiteten lokalen oder systemischen Therapie nötig.
  3. Die multiplex PCR ist spezifisch und kann auch mehrere Pilzarten in einer Probe nachweisen.
  4. Die multiplex PCR ist sensitiver im Vergleich zur Kultur. Nicht immer können im Patientenmaterial vorhandene Pilzelemente kultiviert werden. Dies ist insbesondere bei vorbehandelten Patienten oder infolge unzureichend vorhandenem oder nicht optimal abgenommenem Untersuchungsmaterial möglich. Mittels PCR kann man in solchen Fällen dennoch durch Amplifizierung von DNA-Sequenzen das Vorhandensein humanpathogener Dermatophyten nachweisen.
  5. Die PCR kann den Kulturnachweis ergänzen. Es ist ratsam, neben der PCR auch eine Pilzkultur durchzuführen. Auf diese Weise kann sowohl eine Kultur mit Resistenztestung als auch eine rasche Diagnostik mittels PCR erfolgen. Es werden auch Schimmelpilze und verschiedenste Sprosspilze kulturell erfasst. Dafür benötigt man kein weiteres - aber ausreichend vorhandenes - Patientenmaterial.
  6. Eine Kombination der PCR mit dem mikroskopischen Nativnachweis ist aus derselben Probe sinnvoll und wird in unseren Ambulatorien immer durchgeführt. Es kann einerseits eine Mischinfektion mit verschiedenen Pilzarten (Dermatophyten, Schimmelpilzen, Sprosspilzen) besser erfasst und andererseits auch ein rascher Überblick über die Abnahmequalität der Probe gewonnen werden.
  7. Kann die PCR die Pilzkultur ersetzen?
    Ja, das kann sie, aber ein Nativpräparat sollte auf alle Fälle gemacht werden. Eine Resistenztestung oder der Nachweis einer Schimmelpilz- bzw. einer Nicht-Candida albicans-Infektion kann mittels PCR derzeit nicht erfolgen.
  8. Bei welchen Mykosen ist die PCR besonders hilfreich?
    Insbesondere bei der Onychomykose oder Tinea der Haut ist die Kultivierung von Pilzelementen nicht immer erfolgreich. Bei klinischem Verdacht einer Nagelpilzinfektion und negativer Kultur ist die Durchführung einer PCR sehr empfehlenswert.
    Auch für die Fragestellung der Therapiedauer bei der Tinea capitis kann die PCR bei negativer Kultur, aber bestehenden klinischen Symptomen hilfreich sein.
  9. Wann ist eine PCR Untersuchung dringend empfehlenswert?
    - wenn ein rasches Ergebnis erforderlich ist
    - bei negativer Kultur trotz klinischen Verdachts einer Mykose
    - wenn bereits eine antimykotische Therapie vor einer Untersuchung erfolgte

Die PCR Untersuchung ist derzeit noch nicht mit der Kasse verrechenbar und stellt daher eine Privatleistung dar. Wir sind bemüht hier eine Änderung zu erreichen.

Pilzdiagnostik im Mikroskop (Nativpräparat)

Der Nachweis von Pilzelementen im Mikroskop dient als rasche Sofortdiagnose einer Pilzinfektion. Er ist kostengünstig und ermöglicht eine rasche Diagnose, jedoch keine Identifizierung der Pilzart. Die Darstellung von Pilzelementen mit KOH-Parkertinte (Diagnose von Malassezia spp.) oder PAS (Perjodsäure-Schiff-Färbung: Rotfärbung von Pilzfäden und Sporen) verbessert die Qualität. Allerdings liegen die Sensitivität und Trefferquote trotz Erfahrung weit unter jener der PCR und auch der Kultur. Ein Nativpräparat sollte nur als Erst- oder Kombinationsdiagnose mit der Kultur oder PCR erfolgen.

Pilzdiagnostik mittels Kultur

Die Kultivierung erfolgt auf speziellen Nährböden zum Nachweis der Pilzspezies anhand von Makro- und Mikrokonidien, Chlamydosporen, Blastosporen und Pseudomycel.
Vorteil: Resistenztestung möglich, kostengünstige Untersuchung,
Nachteil: Das Ergebnis kann. 3-4 Wochen dauern.
Allfällige topische oder systemische Behandlungen kann eine Pilzkultur beeinflussen und sollte zum Zeitpunkt der Probengewinnung mindestens 2-4 Wochen zurückliegen.
Dauer des Kulturergebnisses: Dermatophyten bis zu 4 Wochen, Schimmelpilze 1-2 Wochen, Sprosspilze 3-4 Tage

Einige Beispiele von Kulturen häufiger Pilze:

pilz

Was sonst noch zu beachten ist:

Tinea corporis: Das Untersuchungsmaterial der Haut sollte mit einer sterilen Skalpellklinge oder einem scharfen Löffel vom Rand der Läsionen gewonnen werden (aktives Pilzwachstum).

Tinea capitis: Bei fraglichem Befall der Kopfhaut sollen auch einige Haare vom Rand der Läsionen ausgerissen und auf das Kulturmedium aufgebracht werden.

Onychomykose: Nagelproben werden vom verfärbten, verdickten und zerbröckelnden Anteil des Nagels von der Nagelunterseite und vorzugsweise von der Grenze zum gesunden Nagelbereich entnommen.

Versand: Zum Auffangen von genügend Material eignen sich spezielle Versandkuverts, die von den Pilzambulatorien zur Verfügung gestellt werden. Die verschlossenen Papierpäckchen können ohne weitere Vorkehrungen und ohne Qualitätsverlust verschickt werden. Pilzproben können mehrere Wochen bei Raumtemperatur aufbewahrt werden.

Falls eine Pilzdiagnostik mittels PCR gewünscht wird, ist die gleichzeitige Durchführung einer Pilzkultur (Kassenleistung) zusätzlich zum Direktnachweis in den meisten Fällen sinnvoll! Dadurch können eventuell vorhandene Schimmelpilze oder seltene Sprosspilze zusätzlich erfasst sowie eine Resistenztestung durchgeführt werden. Die fachgerechte Entnahme von ausreichend viel Untersuchungsmaterial ist Voraussetzung für eine zuverlässige Diagnose.

Es besteht kein Zweifel, dass die multiplex RT-PCR als zusätzliche molekularbiologische Nachweismethode einen wesentlichen Fortschritt für eine rasche und verbesserte Pilzdiagnostik darstellt.

Bei weiteren Fragen oder Anregungen lade ich Sie zu einer Kontaktaufnahme unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ein.

Mit kollegialen Grüßen

Univ.-Prof. Dr. Angelika Stary