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Am 6. Oktober fand im historischen Ambiente des Lusthauses die "Lange Nacht der Pilzambulatorien" statt. In interessanten Kurzvorträgen wurden von Experten praxisrelevante Informationen aus verschiedenen Bereichen der infektiösen Venero-Dermatologie dargestellt. Die Vorträge wurden von musikalischen Intermezzi durch Willi Brenner (Klavier) und Kurt Schmid (Klarinette und Saxophon) begleitet, die das Programm mit beschwingter Musik auflockerten.

Wir möchten Ihnen in einer kurzen Übersicht die wichtigsten Inhalte der Vorträge der "Langen Nacht der Pilzambulatorien" in diesem Newsletter zusammenfassen:

 

Paradigmenwechsel der Gonorrhoe-Therapie: der Gonokokkus bestimmt die Richtung

(A.Stary, U. Fürnkranz)

Die Zahlen der Gonokokkeninfektionen, die in den Pilzambulatorien nachgewiesen werden, haben im Jahr 2021 wieder zugenommen. Als firstline -Therapie wird seit kurzem weltweit eine „singledose“-Therapie mit Ceftriaxon der Doppeltherapie gemeinsam mit Azithromycin wegen einer zunehmenden Azithromycinresistenz bevorzugt empfohlen. Auch in den Pilzambulatorien wurde eine zunehmende Azithromycin-Resistenz der kultivierten Gonokokkenstämme beobachtet (U. Fürnkranz, Abbildung). Sie finden die Therapieempfehlungen auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für STD und dermatologische Mikrobiologie unter www.oegstd.at und auf der Homepage der Pilzambulatorien www.pilzambulatorium.at.

NL5 01

Erstmals wurde auch in Österreich ein hochresistenter Gonokokkenstamm auf Azithromycin, Ceftriaxone, Cefixime, Tetracycline, Ciprofloxacin mit der mosaic penA-60.001 Mutation (typisch für die Ceftriaxon Resistenz) und einer 23S rRNA A2059G target mutation (typisch für die Azithromycin Resistenz) bei einem männlichen Patienten mit heterosexuellem Kontakt in Kambodscha nachgewiesen (siehe Euro Surveill. 2022 Jun 16; 27(24): 2200455).

 

Pilze im Verborgenen: mykologische Diagnostik im PCR-Zeitalter

(C. Heller-Vitouch, I. Indikova)

Der Pilznachweis mittels KOH-Präparat und Kultur ist gut etabliert und in erfahrenen Händen ein probates diagnostisches Mittel. Nachteile der Methoden wie etwa mangelnde Sensitivität - vor allem nach Anbehandlung - sowie die Dauer bis zum Vorliegen eines Kulturergebnisses können durch die ergänzende Durchführung eines PCR-Nachweises ausgeglichen werden. Die PCR ist hochsensitiv und spezifisch, unabhängig von allfälliger Vorbehandlung und ein Befundergebnis liegt innerhalb weniger Tage vor. Sie eignet sich hervorragend zur Diagnose von humanpathogenen Dermatophytenarten und der häufigsten Candidaspecies im Haut- und Nagelbereich.
In einer Vergleichsuntersuchung der PCR mit der Pilzkultur in den Pilzambulatorien lag die Nachweisrate der PCR bei Verdacht einer Nagelmykose um 51% und bei einer möglichen Hautmykose um 55% höher. Somit ist eine rasche und wesentlich sensitivere Erregeridentifikation mit den Vorteilen der zeitnahen zielgerichteten Therapie gegeben. Die Nachteile der PCR liegen in der fehlenden antimykotischen Resistenztestung und auch im Nachweis mancher Sproßpilze wie etwa der Malassezia species.
Die Beibehaltung des kulturellen Nachweises zum Schließen von diagnostischen Lücken bezüglich seltener Erreger sowie zum Zweck der Resistenzprüfung ist empfehlenswert. So hat sich ausgehend von Indien in den letzten 10 Jahren Trichopyton indotineae, der Genotyp VIII im T. mentagrophytes/T. interdigitale Spezies Komplex auch in Europa verbreitet. Charakteristisch ist das Auftreten einer ausgedehnten Dermatomykose, die sich nicht selten als therapierefraktär erweist. In der Austestung zeigt sich meist eine Resistenz gegen Terbinafin.

NL5 02

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die PCR als wichtiges ergänzendes Mittel zur Pilzdiagnostik betrachtet werden kann. Sie kann aber das Nativpräparat sowie den kulturellen Nachweis nicht gänzlich ersetzen. Leider ist es derzeit nicht möglich, diese Untersuchung als Kassenleistung in den Pilzambulatorien anzubieten, da eine Aufnahme in den Leistungskatalog trotz des Hinweises auf die wesentliche Verbesserung der mykologischen Diagnostik derzeit abgelehnt wird.

 

HPV – Können wir Krebs eliminieren?

(Elmar Joura)

Eine HPV-Infektion stellt sowohl für Frauen als auch für Männer ein ernstes gesundheitliches Problem dar, wobei von den 6 verschiedenen Krebsarten 3 davon Männer betreffen. Das Rachenkarzinom, ausgelöst durch HPV16, hat bei Männern während der letzten Jahre zugenommen, während die Erkrankungszahl an einem Zervixkarzinom dank der Prophylaxe abgenommen hat. Bereits seit 15 Jahren besteht in Österreich als erstes Land weltweit eine Empfehlung für eine HPV-Impfung nicht nur für Mädchen und sondern auch für Buben, die im Kinderimpfprogramm seit 2014 voll finanziert wird. Vom 12. bis zum 18. Lebensjahr betragen die Kosten der HPV-Impfung für 2 Dosen (6-12 Monate Abstand) 90€ inklusive Impfhonorar (Aktion der ÄK) und sind im niedergelassenen Bereich möglich. Danach allerdings steigen die Kosten derzeit auf etwa 3x 215€ plus Impfhonorar und sind privat zu bezahlen. Nur bei Konisation refundiert die ÖGK die Impfkosten. Bei der 9-fach-Impfung ist bei der Infektion mit einem Genotyp gleichzeitig eine weitere Schutzwirkung gegenüber 8 weiteren und sogar gegenüber neuen Infektionen mit demselben Genotyp gegeben (Olsson et al). Die Reduktion von invasiven Karzinomen bei jungen Frauen und früher Impfung liegt bei etwa 90%. Die Durchführung der Impfung im Kindesalter ist nicht nur wegen der Kostenübernahme empfehlenswert, sondern auch weil durch die bessere Immunantwort im Kindesalter bereits 2 Impfungen ausreichen, um einen optimalen Schutz gegen eine HPV-Infektion aufzubauen.
Allen Frauen ist ab dem 30. Lebensjahr ein HPV-Test dringend zu empfehlen, der auch in den Pilzambulatorien kostenfrei mit einer kompletten HPV-Genotypisierung angeboten wird.
Die Graphik der Fallzahlen des Zervixkarzinoms in Schweden (mit und ohne Impfung) zeigt eindrucksvoll auf, dass dieses und andere HPV-Karzinome erfolgreich durch eine frühe Impfung eliminiert werden können.

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Immunologie als Wegbereiter zur Impfentwicklung bei STIs

(G. Stary)

Die wichtigsten immunologischen Impfparameter anhand der Impfung gegen HPV und C. trachomatis, als häufigste virale und bakterielle STIs

HPV: häufigste virale STI

  • Erfolgreiches Beispiel eines hoch wirksamen Impfstoffs, dessen Wirkung auf neutralisierenden Antikörpern beruht.
  • Neutralisierende Antikörper sind nur prophylaktisch wirksam
  • Im Gegensatz dazu sind bei etablierten HPV-assoziierten Erkrankungen (z.B. Zervix-CA, AIN,...) Antigen-spezifische T Zellen von Bedeutung, insbesondere CXCR3+ Gewebe-spezifische T Zellen

Chlamydia trachomatis: häufigste bakterielle STI

  • Aufgrund des oftmaligen asymptomatischen Verlaufs wäre eine Impfung sinnvoll, ist aber derzeit (noch) nicht verfügbar.
  • Klinische Studien vor Jahrzehnten zeigten, dass die durch eine Impfung hervorgerufene Immunantwort auch entzündungsauslösende Eigenschaften haben kann
  • Neuer Impfansatz über die Schleimhaut ist sicher und kann hoch-effiziente Gewebe-spezifische T Zellen generieren

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Affenpocken: eine neue STI?

(K. Grabmeier-Pfistershammer)

In Österreich wurden bis Ende September 313 Fälle an Affenpocken (Monkeypox; MPX) gemeldet, eine geringe Zahl verglichen mit 41.000 weltweit verzeichneten Infektionen, die vorwiegend bei MSM auftreten. Die Erkrankungszahlen an MPX sind weltweit rückläufig.
Die Übertragung erfolgt durch engen Kontakt mit einer infizierten Person oder einem infizierten Tier (Zoonose). Nach einer Prodromalphase treten die typischen Hautläsionen auf (Abbildung). Die Diagnose erfolgt aus dem hochinfektiösen Bläschenabstrich/Bläscheninhalt, Krustenmaterial oder auch aus einer offenen Hautläsion mittels PCR.

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  • Keine klassische STD, Auftreten bei sexuell aktiven Personen, meist MSM
  • Gehäuftes gemeinsames Vorkommen/gemeinsame Übertragungswege mit klassischen STD
  • „Awareness“ für rasche und zielgerichtete Diagnose und Reduktion einer Verbreitung
  • Impfung sowohl prä- als auch postexpositionell möglich.

Impfempfehlung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheilt, Pflege und Konsumentenschutz vom 14. 7. 2022:
Impfstoffe der 3. Generation (nicht-replizierende Lebendvakzinen) gegen Pocken, denen auch eine Wirksamkeit von Affenpocken zugeschrieben wird, sind ab 18 Jahren zugelassen. Die Impfung ist nur für bestimmte Risikogruppen indiziert und nicht für die breite Bevölkerung vorgesehen. Für die Impfstoffe der 2. Generation gegen Pocken (traditionelle attenuierte Lebendimpfstoffe) wird eine Wirksamkeit von etwa 85% gegen eine Infektion mit Affenpocken beschrieben, jene der 3. Generation haben eine vergleichbare Immunogenität (Antikörpertiter GMT und Serokonversion), wie Impfstoffe der 2. Generation (ACAM2000) und sind wesentlich besser verträglich. Eine begrenzte Anzahl des Impfstoffes Jynneos mit einer FDA-Zulassung gegen Affenpocken wird voraussichtlich in den kommenden Monaten in Österreich verfügbar sein. Mit hoher Priorität wird die Impfung Personen nach Exposition empfohlen (postexpositionelle Impfung).

 

Bei Fragen oder Anregungen lade ich Sie zu einer Kontaktaufnahme unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ein.

Mit kollegialen Grüßen

Univ.-Prof. Dr. Angelika Stary