HPV: Testmöglichkeiten, Impfprophylaxe
Sehr geehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege!
Dieser Newsletter Test&Treat News soll Ihnen einen kurzen praxis-relevanten Ein- und Überblick über die Diagnose und Prophylaxe der Infektion mit Humanen Papillomviren bieten.
Die WHO schätzt, dass etwa 18% der Krebserkrankungen weltweit auf chronische (persistierende) Infektionen mit Viren, Bakterien oder Parasiten zurückzuführen sind. In westlichen europäischen Ländern liegt das Risiko bei <5% (Österreichische Krebshilfe).
Etwa 80% der Bevölkerung haben mindestens einmal im Leben eine meist inapparente HPV-Infektion mit einem oder mehreren der derzeit 200 identifizierten HPV-Genotypen, 40 davon können im Genital- und Perigenitalbereich eine Infektion auslösen. Die Bedeutsamkeit der HPV-Infektion ist somit schon von der Häufigkeit für die Gesamtbevölkerung hoch. Obwohl in den meisten Fällen eine HPV-Besiedelung nur transient und selbstlimitierend stattfindet und durch unser Immunsystem eliminiert wird, zeigen Daten auf, dass in etwa 3% ein invasives Karzinom nach einer Infektion mit einem HPV-high-risk Genotyp entstehen kann. Auch Vulva- und Peniskarzinome stellen eine wichtige Folge einer HPV-Infektion dar. Kondylome, hervorgerufen durch die low-risk Typen 6 und 11, beeinträchtigen oft über längere Zeit die Lebensqualität, und sind häufig nicht leicht zu therapieren. Auch Ko-Infektionen mit Hochrisiko-Genotypen sind bekannt. Wichtig ist ein HPV-Nachweis und die Differenzierung verschiedener Genotypen der „high-risk“ und „low-risk“ HPV.
Diagnose einer HPV-Infektion durch spezifischen DNA-Nachweis
Erst seit hochsensitive molekularbiologische DNA-Nachweisverfahren für die zahlreichen HPV-Genotypen entwickelt wurden, ist es möglich, den Stellenwert einer HPV-Infektion im Rahmen des Infektionsgeschehen und des Risikos einer Malignom- Entstehung zu erkennen. Zahlreiche Firmen bieten bereits den Nachweis von HPV high-risk-Typen an, nur wenige auch eine detaillierte Genotypisierung sowohl der high- als auch low-risk Typen. Dies ist wichtig, da Infektionen mit HPV low-risk Genotypen nicht immer klinisch eindeutig zu diagnostizieren sind und auch bei asymptomatischen Personen HPV high- und low-risk Infektionen auftreten können.
Auch Mischinfektionen sind nicht selten. Die Pilzambulatorien bieten eine genaue und detaillierte HPV-Identifizierung aller wichtigen genitoanalen und oralen high-risk, low-risk und intermediate risk HPV-Genotypen an. Der Amplifizierungsassay ist in der Lage, 28 verschiedene Genotypen (13 high-risk, 8 low-risk und 7 intermediate-risk Typen) mittels PCR zu identifizieren und selbstverständlich auch interne Kontrollen einzubeziehen. Die HPV-Bestimmung kann sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Patienten durchgeführt werden. Bei Männern mit Verdacht auf eine genitale Kontaktinfektion konnte eine HPV-Infektion bei 42,4% der zugewiesenen Patienten in den Pilzambulatorien nachgewiesen werden, in 10% war der HPV-Typ 16 identifizierbar. Auch bei Nachkontrollen nach der Entfernung von Kondylomen war die Nachweisrate von HPV-6 in 36.7% trotz Therapie unerwartet hoch. In der Abbildung 1 ist die Häufigkeit der HPV-Genotypen in den verschiedenen Patientenproben dargestellt und zeigt auf, dass auch bei männlichen Patienten ein breites Spektrum verschiedenster HPV-Typen nachweisbar ist. Bemerkenswert ist, dass auch bei Kondylomen zwar wie erwartet die HPV low-risk Typen 6 und 11 den Hauptanteil der Genotypen darstellen, dass aber auch Mischinfektionen mit Hochrisikotypen nachweisbar sind und auch nach einer Therapie nachgewiesen werden können. (Abbildung 2). Selbstverständlich sind für eine gute Diagnose sowohl das richtige Abnahmebesteck, das wir gerne zur Verfügung stellen, als auch eine exakte Abnahme unumstößlich.
Abb. 1: Häufigkeit von HPV-Genotypen im Genital- und Oralbereich bei männlichen Patienten der Pilzambulatorien
Abb. 2: Häufigkeit der Genotypen bei verschiedenen Indikationen für eine HPV- Untersuchung bei männlichen Patienten der Pilzambulatorien
HPV-Impfung
Bereits 2018 hat die WHO zur Elimination des Zervixkarzinoms aufgerufen. Dieses Ziel sollte durch die weltweit empfohlene HPV-Impfung und HPV-Testung erreichbar sein. Laut Vorgaben der WHO sollen bis 2030 90% der Mädchen unter 15 Jahren gegen HPV geimpft und 70% der Frauen zwischen 35 und 45 Jahren auf HPV getestet werden. Davon ist Österreich noch weit entfernt.
Der neunvalente Impfstoff gegen humane Papillomaviren bietet direkten Schutz gegen die Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 und deckt somit etwa 90% aller Hochrisiko-HPV-Infektionen sowie auch die wichtigsten Genotypen von Kondylomen ab. Die HPV-Impfung steht in Österreich seit 1. Februar 2023 im kostenfreien Impfprogramm des Bundes, der Bundesländer und der Sozialversicherungsträger für Mädchen und Buben sowie Frauen und Männer ab dem vollendeten 9. bis zum vollendeten 21 Lebensjahr. Weiters übernehmen die Krankenkassen für Frauen nach einer Konisation wegen hochgradiger zervikaler intraepithelialer Dysplasien (HSIL bzw. CIN 2-3) bis zum 45. Lebensjahr die Kosten für die HPV-Impfung (Selbstauskunft der jeweiligen Versicherungsträger, Stand November 2021). Sinnvoll ist eine Impfung auch nach der Therapie des Zervixkarzinoms, da die Impfung eine gewisse Rezidivprophylaxe darstellt. Die HPV-Impfung ist in ausgewählten städtischen Impfzentren sowie im niedergelassenen Bereich verfügbar. Das österreichische HPV-Impfprogramm gilt international als vorbildlich, doch die Durchimpfungsrate ist leider schlecht dokumentiert und liegt derzeit laut Ausführungen von Univ.Prof.Dr. E. Joura unter 50%.
Da nicht nur genitale Tumore der Frau, allen voran das Zervixkarzinom und die intraepithelialen Neoplasien durch eine HPV-Infektion ausgelöst werden, sondern auch das Peniskarzinom und dessen Vorstufe in etwa 80% HPV-16 und 18 induziert sind, wird auch bei männlichen Patienten eine Impfung dringend empfohlen. Dies gilt auch für das Analkarzinom, bei dem HPV-16 einen wesentlichen Anteil als ursächliches Agens hat. Da etwa 50% der Oropharynxkarzinome mit einer HPV-infektion assoziiert sind, ist anzunehmen, dass die HPV-Impfung in Zukunft zu einem Rückgang der Penis-, Anal- und auch der Rachenkarzinome führen kann.
Der neunvalente Impfstoff stellt auch einen wesentlichen Schutz gegen Kondylome sowohl bei Frauen als auch Männern dar. Dies konnte bereits eindrucksvoll in Australien gezeigt werden. Obwohl genitale Warzen durch low-risk Typen induziert werden, führen diese häufig rezidivierenden Läsionen besonders bei Jugendlichen zu einer nicht unerheblichen medizinischen und psychischen Belastung. Da bei genitalen Warzen auch Mischinfektionen mit onkogenen HPV-Typen vorkommen können – wie dies im eigenen Patientenklientel zu beobachten war (Abbildung 2), bedeutet die HPV-Impfung auch bei bereits vorhandenen oder entfernten Kondylomen eine weitere Risikoreduktion und stellt auch hier eine Rezidivprophylaxe dar.
Weitere Informationen bieten:
Bei Fragen oder Anregungen lade ich Sie zu einer Kontaktaufnahme unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ein.
Mit kollegialen Grüßen
Univ.-Prof. Dr. Angelika Stary