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Sehr geehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege!

Bei der sehr erfolgreichen und gut besuchten Veranstaltung des Tages der Venerologie, die am 2. März 2024 im Billrothhaus der Gesellschaft der Ärzte in Wien stattgefunden hat, sprachen auch Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kirnbauer über die "HPV-Impfung – Wohin geht die Reise?" und Dr. Michael Skoll über "Das 1x1 der HIV-Therapie".

Wir möchten Ihnen gerne in Ergänzung der letzten Test&Treat News auch die Zusammenfassung dieser beiden Vorträge als Take Home Message übermitteln.

 

 

HPV-Impfung – Wohin geht die Reise?

Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kirnbauer
Labor für Virale Onkologie, Klinik für Dermatologie MUW, AKH
Tag der Venerologie der ÖGSTD; 2.3.2024

Persistierende Infektionen mit dem humanen Papillomvirus (HPV) sind die Hauptursache für praktisch alle Zervixkarzinome, einen Teil anderer Ano-Genitalkarzinome (Vulva, Vagina, Penis, Anus), sowie der Mehrzahl der Oropharynxkarzinome, v.a. Tonsillen- und Zungengrundkarzinome.
Die HPV-Impfung hat seit der Entwicklung der HPV Virus-like-Particles (VLP) in den 90er Jahren einen weltweiten Siegeszug angetreten.
Obwohl eine rechtzeitige Impfung die Infektion mit den angesprochenen HPV-Typen verhindern kann, liegt die Durchimpfrate von Schulkindern in Österreich derzeit bei nur 50%, trotz einer kostenlosen Abgabe im Rahmen des öffentlichen Impfprogramms.
Die Impfung soll unbedingt vor der ersten sexuellen Aktivität (und bevorzugt mit dem modernen 9-fach Impfstoff) erfolgen, da die HPV-Impfung nur prophylaktisch wirksam ist, jedoch keine therapeutische Wirksamkeit gegen bestehende Infektionen oder Dysplasien entfaltet. Die US CDC (Centers for Disease Control) stellen dazu fest, dass ‘die meisten Menschen über 26 Jahre von einer HPV keinen Nutzen ziehen‘.

Eine gute Durchimpfrate von jungen Frauen wie in Australien führt dazu, dass praktisch keine Condylomata acuminata mehr auftreten und Zervixdysplasien und Zervixkarzinome verhindert werden (England, Schweden).

HPV Vaccine Effectiveness - Genital Warts in Australia
Implementation into the national vaccination plan since 2007 – girls 12-17a

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Der Vorteil einer frühen HPV-Impfung spiegelt sich auch in Ergebnissen einer großen britischen Studie wider: Die Reduktion von Gebärmutterhalskrebs betrug bei vollständiger HPV-Impfung im Alter von 12-13 Jahren 87 %, während sie bei Impfung im Alter von 16-18 Jahren nur noch bei 34 % liegt.

Die WHO hat eine globale Strategie entwickelt, wie das Zervixkarzinom bis 2030 eliminiert werden könnte: 90% der Mädchen sollten mit 15 Jahren HPV-geimpft sein, 70% der Frauen sollten im Alter von 35 Jahren und nochmals mit 45 Jahren an der Zervix mittels Krebsabstrich untersucht werden, und 90% der Frauen mit Krebsvorstufen oder Zervix-Karzinom sollten entsprechend behandelt werden.

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Es gibt bereits Studienergebnisse die zeigen, dass auch eine einmalige Gabe des HPV-Impfstoffs effizienten Schutz bietet, randomisierte prospektive Studien sind im Laufen, um dieses neue Konzept zu etablieren. Weiters wird an hitzestabilen Formulierungen gearbeitet, um die Verabreichung besonders in den Entwicklungsländern zu erleichtern, welche weltweit die Hauptlast (etwa 90%) des Zervixkarzinoms tragen.

Da der Schutz durch die zugelassenen HPV-Vakzinen auf die enthaltenen Typen beschränkt ist, gibt es eine ‚Impflücke‘ für Hoch-Risiko HPV Typen, die etwa 10% der Zervixkarzinome verursachen.
Reinhard Kirnbauer hat eine in seinem Labor entwickelte experimentelle Vakzine vorgestellt (RG1-VLP), welche alle hoch-Risiko Typen abdeckt, aber auch niedrig-Risiko und Haut HPV-Typen (Christina Schellenbacher et al). Diese Kandidat-Vakzine wird in Kürze in einer Phase-I Studie mit Unterstützung der US National Institutes of Health (NIH) zum ersten Mal in Frauen getestet werden.

Eine Ergänzung zum aktuellen Stand der HPV-Vakzine in Österreich:
Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene vom 9. bis zum 30. Geburtstag ist die
HPV-Impfung mit Gardasil 9 seit 1. Juli 2024 kostenlos (davor war die Impfung nur bis zum 21.Geburtstag kostenlos). Mit einem befristeten Angebot vom 1. Juli 2024 bis 31.Dezember 2025 wird es nun auch Personen vom 21. bis zum 30. Geburtstag
ermöglicht werden, die HPV-Impfung gratis, als Catch up-Impfung, nachzuholen. Es sind 2 Impfungen im Abstand von 6 Monaten notwendig. Ab dem vollendeten 30. Lebensjahr werden 3 Dosen (2 Monate nach der ersten Impfung, 6 Monate nach der zweiten Impfung) empfohlen. Für die Verabreichung der Impfung besteht keine fachspezifische Beschränkung mehr. Ausführliche Informationen siehe MA15 und Ärzt*innen News (27. Juni 2024) der Ärztekammer.

 

Das 1x1 der HIV-Therapie

Dr. Michael Skoll
FA für Dermatologie
Sekretär der Gesellschaft für STD und dermatologische Mikrobiologie,
Tag der Venerologie der ÖGSTD; 2.3.2024

Die HIV-Infektion stellt heutzutage dank moderner antiretroviraler Kombinationstherapien eine chronische Erkrankung dar. Während die Diagnose in den 1980er Jahren oftmals einem Todesurteil gleichkam, ermöglichen die heute zur Verfügung stehenden Therapien den Betroffenen bei frühzeitiger Diagnosestellung, korrekter Einnahme und regelmäßigen ärztlichen Kontrollen eine annähernd normale Lebenserwartung.
Das Spektrum an Wirkstoffen und auch Wirkstoffklassen hat sich innerhalb der letzten Jahre deutlich erweitert und auch verbessert. In der Regel werden zwei bzw. drei Wirkstoffe unterschiedlicher Klassen kombiniert, um so eine effiziente Behandlung zu gewährleisten. Diese Möglichkeiten an Kombinationstherapien, die auch in den Leitlinien der European AIDS Clinical Society nachzulesen sind, stehen oftmals bereits als Single-Tablet-Regime zur Verfügung, sodass die Patient:innen nur eine Tablette täglich einnehmen müssen, um die Virusreplikation unter die Nachweisgrenze zu senken.
Die korrekte Einnahme der hochwirksamen antiretroviralen Therapie verhindert zudem auch die Transmission der Infektion. In diesem Zusammenhang ist seit mehreren Jahren bekannt, dass Betroffene, deren HI-Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, auf sexuellem Weg nicht ansteckend sind. Dies wurde auch durch eine große Kampagne der UNAIDS unter dem Titel „U=U“ (undetektierbar = unübertragbar) aufgezeigt, um dem oftmals noch immer vorhandenen Stigma von HIV entgegenzuwirken.

Antiretrovirale Substanzen 1987 – 2024

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HIV Therapie – hard facts:

  • Konsequente tägliche Einnahme!! – Keine „drug holidays“
  • Kombinationstherapie, Single Tablet Regime verfügbar
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen
  • Suppression der HI-Virusreplikation und Immunrekonstruktion

 

Wir danken den Referenten für die Bereitstellung der Kurzberichte Ihrer Vorträge.

 

Erweiterung der Stuhldiagnostik

Das Pilzambulatorium Schlösselgasse erweitert sein diagnostisches Programm betreffend die Stuhlanalyse: ab sofort werden auch Bakterien der Bacteroides fragilis Gruppe, die zur obligaten Darmflora gehören, diagnostiziert. Die Diagnose erfolgt quantitativ, ein Normalwert wird zur Orientierung angegeben. Diese Untersuchung ist in den Untersuchungsprogrammen „obligate Flora“, bzw. „komplette Stuhlanalyse“ enthalten und mit den Krankenkassen abrechenbar.

Eine weitere Neuerung betrifft den Nachweis von Calprotectin aus dem Stuhl. Diese wird ebenfalls nur im Pilzambulatorium Schlösselgasse durchgeführt und als Privatleistung angeboten.

Erweiterung der PCR-Diagnostik

Die Pilzambulatorien bieten ab sofort bei ulcerösen und erosiven Läsionen an Haut und Schleimhäuten weitere zusätzliche PCR-Untersuchungen als Privatleistung (bei komplettem Ulcusprogramm als kostenfreie Serviceleistung der Pilzambulatorien inkludiert) für den Nachweis folgender Erreger an:

  • Treponema pallidum (Syphilis)
  • Chlamydia trachomatis L1-L3 (Lymphogranuloma venereum)
  • Hämophilus ducreyi (Ulcus molle)
  • Zytomegalie-Virus (Ulcus vulvae acutum Lipschütz?)
  • Varicella-Zoster Virus

 

Bei Fragen oder Anregungen zu den ausgeführten Themen lade ich Sie zu einer Kontaktaufnahme unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ein.

Mit den besten Wünschen für einen erholsamen Sommer und kollegialen Grüßen

Univ.-Prof. Dr. Angelika Stary